Gelebte Philosophie – Werde Du Selbst!
Im Tao-Zentrum verstehen wir den aus Jahrtausenden überlieferten Taoismus als fernöstliche Weisheitslehre mit besonders ausgeprägtem Bezug zur Realität. „Tao“ bedeutet soviel wie „der Weg“ der Natur und des Universums und damit auch der Weg des darin wandelnden Menschen als Teil der Natur und im Einklang mit ihr. Der Taoismus wird gelebt als Suche nach der wahren Natur, als Sinnsuche und damit als Übungssystem zur Wiederherstellung und Kultivierung einer natürlichen Ursprünglichkeit. Dabei wird der Mensch aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet:
Aus dem Blickwinkel der Lebenskraft Qi betrachtet, können alle Lebensprozesse mit einer besseren Energieversorgung und einer besseren Funktionalität ausgestattet werden. Dabei werden in rekursiven Lernspiralen ressourcenschonende, und damit ökonomische Verhaltensweisen eingeübt. Kompensatorisches Verhalten, also die Beibehaltung von erkannten Fehlern in der Lebensführung und der damit notwendige kompensatorische Ausgleich, werden ausgemerzt. Dies wirkt sich auf die Lebenserwartung und die Lebensqualität gleichermaßen aus. Die Übungen hierzu können aus dem Qigong, dem Tai Chi, dem Taoistischen Yoga, der Meditation oder aus einer übergeordneten Sichtweise (Chuang Tse) kommen.
Aus dem Blickwinkel der geistigen Verfassung (Shen), der Geisteshaltung und Lebenskunst betrachtet, wird die Entwicklung eines tiefen Sinngefühls angestrebt. Das ist häufig mit einer (für Außenstehende) nur schwer nachvollziehbaren, manchmal geradezu leichtfertig erscheinenden Lebensweise verbunden. Der Sinnsucher folgt einem „roten Faden“ des natürlichen Lebensflusses, er leistet keinen Widerstand und gibt sich dem natürlichen Fluss hin. In letzter Konsequenz greift der Sinnsucher nicht mehr ein (Wu Wei = Ohne Tun), er folgt absichtslos dem natürlichen Fluß des Lebens. Im Idealfall wirkt er, ohne zu handeln und niemand bemerkt, daß er überhaupt da war („Ein guter Wanderer hinterlässt keine Spur“). Dies entspricht der Philosophenschule der Taoisten und damit einer frühen Entstehungsgrundlage aller Taoistischer Übungssysteme. Das Leben ist der größte Lehrmeister und es gibt nicht wenige Taoisten, die den Alltag (mit allen Entscheidungen) als willkommene Hilfe auf dem Weg der persönlichen Entwicklung sehen. Die Standardmethode, den Sinn persönlich zu erfahren, ist die Taoistische Meditation.
Aus dem Blickwinkel der emotionalen und vegetativen Gesundheit (Herzkraft = Te) betrachtet, ist der Mensch ein sehr komplexes System von vegetativen Grundmustern, Gefühlen und Emotionen. Dieses komplexe neuro-vegetative und emotionale System strebt immer nach Ausgleich, nach Harmonie im Sinne eines dynamischen Gleichgewichts der Kräfte.
Einige Begriffe seien hier aus unserer Sicht des Taoismus explizit angesprochen:
Namen, Begriffbildung erleichtern die Beibehaltung destruktiver Verhaltensweisen („…weil ich diese Erkrankung habe, kann ich nicht . . .“)
Wu Chi das Nichts, die uranfängliche Leere, die Quelle
Tao der Weg, das Namenlose, das Wesen der Dinge
Tai Chi das Höchste Letzte, die Mutter von Yin und Yang
Yin/Yang Yin (die im Schatten liegende Seite eines Hauses) und Yang (die der Sonne zugewandte Seite eines Hauses) beschreiben gemeinsam jedes erkennbare Phänomen und sein Verhalten in Raum und Zeit
Wandlungsphasen beschreiben die Verhaltensweisen/Bewegungsrichtungen von Qi innerhalb der natürlichen Abläufe zwischen Yin und Yang und damit auch alle lebendigen Regulationsprozesse im Menschen, seinen Platz und sein Verhalten in der Natur
Jing, Qi, Xue, Te, Shen Jing (vorgeburtliche Kraft, Yuan Qi), Qi (immaterielle Kraft), Xue (Blut, Säfte), Te (Herzkraft, Tugend) und Shen (geistig konstellierende Ordnungskraft) regeln alle lebendigen und biologischen Prozesse in uns
Wu Wei ohne Tun, einfach so sein und mit dem Lauf des Wassers fließen, kein Zweck, keine Absicht, absichtsloses Handeln: ohne unser Zutun ordnen sich alle Dinge von allein; lerne wieder das absolute Vertrauen in die Selbstordnung der Natur (in Dir)
Karma gibt’s nicht, alle Gedanken/Gefühle/Bewertungen/Handlungen tragen bereits das damit verbundene Leid in sich und sind damit Ausdruck eines Lern- und Entwicklungsbedarfs der Seele
Der Taoismus ist keine rein theoretische Lehre, sondern vielmehr ein Weg der Übung und Entwicklung. Das grundlegende Ziel der Taoistischen Philosophie ist die Entwicklung des Wahren Selbst, das frei von Ichhaftigkeit den absolut natürlichen Zustand anstrebt. So steht der Sinn vor dem Zweck, das Sein vor dem Werden und das Wahrhaftige vor dem Schein. Diese Dinge zu erkennen, bedarf es laut taoistischer Auffassung nur genügend innerer Ruhe, so daß das Herz von emotionalen Verwirrungen befreit und das Wesen der Dinge klar erkannt werden kann. Denn nur mit dem Herzen können wir das wahre Wesen der Dinge erkennen! Ein Taoist versucht also ein natürliches und sinnvolles Leben zu führen und dabei sich, seine nächsten und schließlich die umgebende Gemeinschaft zu stärken. Das ist durchaus eine sinnvolle und lohnenswerte Lebensaufgabe! Um Befürchtungen vor diesem komplexen und lebenslangen Lernprozess zu nehmen: „Ein Baum, dessen Stamm Du kaum umfassen kannst, fängt mit einem Samenkorn an; auch eine Reise von tausend Meilen beginnt mit einem Schritt …“ (Lao Tse) Für uns gilt daher: „Ich mach‘ wie ich kann!“